26.07 – Ironman Zürich
Und plötzlich war der Tag da. Der 24. Juli. Meine erste Langdistanz über 3,8km Schwimmen, 180.2km Radfahren mit 2000 Höhenmeter und 42.2km Laufen.
Wochenlang harte und lange Arbeit sollten mit einem tollen Tag in meiner zeitweiligen Heimat Zürich belohnt werden. Ja, man kann diese 226km partiell auch genießen, im Großen und Ganzen ist es aber schon eine enorme körperliche und vor allem mentale Herausforderung!
Der Reihe nach: Der Wecker klingelte um 3.45Uhr. Die Stimmung war gen Null. Ich fühlte mich schlecht, war rein gar nicht in Wettkampflaune und habe bereits zu dieser nachtschlafenden Zeit sämtliche psychischen Tricks zur Mobilisierung angewandt. Naja, hilft ja nix, da muss Du jetzt durch. Zusammen mit der liebevollen Betreuung (über den ganzen Tag) meines Partners stieg das Fieberthermometer langsam.
Nach dem letzten Material-check in der Wechselzone machten wir uns auf dem Weg zum Schwimmstart. Dort angekommen erstmal insgesamt ein großes Fragezeichen zum Schwimmkurs. Theoretisch war das zu schwimmende Rechteck jedem klar, aber das Sammelsurium der diversen, verschieden farbigen Bojen machte die „An-land-Orientierung“ sehr schwer. Erst eine Erklärung 10 Minuten vor dem Start um 6.50Uhr durch Wettkampfverantwortliche brachte die finale Erkenntnis der 3,8km Strecke. Als Altersklassenathlet darf man vom neuen „Rolling-Start“ partizipieren. D.h. man reiht sich in der zu erwartenden Schwimmzeit an Land ein und jede Sekunde werden 8 Athleten ins Wasser gelassen. Es soll das schwimmen schneller und angenehmer machen. Ich persönlich finde diese Lösung ziemlich bescheuert. Ist es doch grad der Startschuss und das brutale Adrenalin, das durch den Körper strömt, wenn sich 200 Athleten gleichzeitig in die „Waschmaschine“ begeben, was den Triathlon ausmacht. Meine Leistung war mit 1.15h (Platz 12 in meiner Altersklasse – AK) leider mal wieder weit unter meinen Möglichkeiten. Warum weiß ich auch nicht genau, kann aber gut daran liegen, das ich durch meine leicht klaustrophische Veranlagung mit dem schwimmen zunehmend Probleme habe, wenn ständig irgendwelche Leute um mich rum sind (auch wenn ich den Startschuss bevorzuge, ich weiß, das klingt bizarr 🙂 ).
Der Radkurs mit 2*90km läuft von der Landiwiese an vom linken Zürichsee-Ufer über die Quaibrücke ca. 30km rechten Ufer entlang und dann dort rund 40km in den Bergen vor Zürich. Zurück an der Landiwiese noch eine 10km Schleife durch meinen ehemaligen Wohnort Kilchberg über den brutal ehrlichen „Heart-Breakhill“. Tolle Stimmung dort genial, aber gerade in der zweiten Runde nach 170km in den Beinen ein Killer … Summa Summarum sind 2000 Höhenmeter zu bewältigen, welche für mich weniger Spaßhaft liefen. Die erste Runde hielt ich mich streng an meine Herzfrequenz, was leider nichts brachte, da ich in die zweite Runde irgendwie nur zu kämpfen hatte und oft ans Aufhören dachte. Mit einer verlorenen Brillenlinse gleich zu Beginn, technischen Problemen mit meinem Radcomputer und einer rein gar nicht funktionierenden Wattmessung und einer ganz notwendigen biologischen Pause insgesamt zu viele Ärgerlichkeiten. Zum Glück wartete am Ende der einen Anstiege mein Freund auf mich, was mich wieder etwas puschte! Nach 5.58h (2.50h und 3.08!h) war ich dennoch auf Platz 7 vorgefahren und hoffte nur, dass „meine“ Disziplin, das Laufen einigermaßen rund läuft. In diesen langen Stunden denkt man oft an all die Freunde und Bekannte, die an einen Glauben, mitfiebern und im Rahmen der Vorbereitung unterstützt haben. Allem voran mein Herzstück !!! – sowie meine Trainerin Wenke Kujala, die mich in den letzten 2 Jahren nach all den gesundheitlichen Rückschlägen sportlich immer wieder auf den Höchststand gebracht hat.
Zurück zum Wettkampf: Der abschließende Marathon über 4 Runden a 10.55km war bei mittlerweile heißen Sommerwetter für alle Athleten eine Herausforderung. Der Kurs durch die Züricher Altstadt ist im Prinzip flach, die Unterführungen sind bei voranschreitender KM-Zahl dennoch schmerzhaft, vor allem das bergab, wenn sich erste Krämpfe bereit machen. Die erste Runde ging ich ganz locker an, versuchte im Grundlagenausdauer-Bereich zu bleiben um hinten raus die Geschwindigkeit halten zu können. Bei km 17 erfuhr ich dann, dass ich nach wie vor auf Kurs zum erklärten Ziel „Sub 11 Stunden“ liege und dass ich beim Wechsel 7. meiner AK (und 61. Gesamt) war. Wow, das motivierte, obwohl ich schon ziemlich am Ende war! Ich konnte 25km einen guten 5er Schnitt (pro km) laufen, was eine Endzeit von 3.30h bedeutet. Mir war aber klar, dass die Schmerzen und das Leiden kommen; so auch bei mir. Starke Magenkrämpfe, Kopfweh, Übelkeit und anfangende Muskelkrämpfe, welche ich nur durch Verringerung der Geschwindigkeit verhindern konnte. Mir war auch klar, dass mit Krämpfen gar nichts mehr geht, daher lieber langsamer. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich leider auch keine Verpflegung (Kohlenhydrate) mehr zu mir nehmen. Das letzte Gel ging nur noch gegen jeglichen Brech- und Würgereiz, der Körper hat sich komplett gewährt. Selbst Wasser war eine Herausforderung. Daher nur noch literweise über den Kopf um nicht zu sehr zu überhitzen.
Meine Eltern waren mit 2 Freunden an der Strecke, freuten sich tierisch für mich, feuerten mich an und bei km 29 waren die wohl wichtigsten Worte in diesem Rennen von meinem Partner „Du wirst doch jetzt nicht 13km vor dem Schluss aufhören?“. Nein, nein, nein. Aufgeben ist keine Option, das bist Du Dir und Deinen Unterstützern schuldig und so brachte ich das Ganze bei einem 5.45er Schnitt zu Ende, mit 3 Gehpausen, um mich mit etwas Cola zu dopen.
Nach 11.02 Stunden, 4te der AK 40-45 (von 26) und 33. Frau Gesamt (von 164 dabei 398. aus rund 1600 Startern), kam ich überglücklich ins Ziel. Schmerz geht, Stolz bleibt für immer. Dass ich das Podium um 2 Minuten (und somit mein Zeit Ziel) knapp geschrammt habe, ist zwar sehr schade, aber nicht weiter tragisch. Der Kurs ist nicht wirklich für eine Bestzeit prädestiniert und vor nicht mal 3 Monaten war ich froh, 30 Minuten am Stück spazieren gehen zu können und nicht mal im Traum daran zu denken, eine Langdistanz zu bestreiten! Ergebnisse
Insgesamt ist der Ironman Switzerland ein ganz tolle Veranstaltung. An der Strecke ein extrem gute Stimmung, super Zuschauer und sehr aufmerksame freundliche und freiwillige Helfer, ohne welche solch ein Event nie leben könnte; auch wenn Ironman EUR 700 für den Start verlangt! Zum Thema Profitgier des private Equity Investors lass ich mich heute mal nicht aus! Schwein gehabt 🙂
So, jetzt freue ich mich erstmal auf 2 Wochen Ruhe & Regeneration, dann beginnt der Aufbau für das Triathlon Saisonfinale, der 70.3 (Mitteldistanz) WM in Australien, welche am 4. September stattfindet. Ich wurde auch des öfteren gefragt, ob ich einen Slot für die WM auf Hawaii ergattert habe. Gut möglich, es gab 2 Plätze in meiner AK, von einer Dame wusste ich, das sie schon qualifiziert ist, d.h. durch “Nachrücken” wäre es evtl. drin gewesen. Aber wisst ihr was? Ich will gar nicht nach Kona 🙂
No Comments